KULTUR - GESELLSCHAFT - DEMOKRATIE
In der Ausgabe der Talkshow "Auf Augenhöhe" mit dem Moderator Jens Lehrich stehen die Veränderungen des kulturellen Lebens in Deutschland durch die Corona-Pandemie im Fokus. Die Gäste diskutieren über die Bedeutung der Kultur für junge Menschen, die Herausforderungen für die Branche und die Wirkung der staatlichen Maßnahmen auf die Kulturszene.
Die Gäste sind:
- Sebastian Glanz: Veranstalter und Clubbetreiber aus Schwerin, betont die Wichtigkeit von Kultur als Ventil für den Alltagsstress und zur Bewegung der Menschen.
- Alexander Baab: Schauspieler aus Stromberg bei Bingen, spricht über die Spannung, die durch die eingeschränkte kulturelle Aktivität entsteht und die Notwendigkeit, Kultur und Kunst in schwierigen Zeiten zu erhalten.
- Layzee aka Mr. President: Künstler und Produzent aus Hannover, beklagt das fehlende Gemeinschaftsgefühl und die individuelle Isolation, die durch die Schließung von Kulturangeboten entstanden ist.
Die Diskussion umfasst die Auswirkungen des Lockdowns auf das kulturelle Leben, die ökonomischen Herausforderungen für Kulturschaffende und die Notwendigkeit, alternative Wege zu finden, um die Kultur lebendig zu halten. Es wird auch die Rolle der Medien und die Schwierigkeit kritisiert, gegen den Mainstream anzukämpfen, ohne dabei die eigene Karriere zu gefährden.
Die Gäste sind sich einig, dass die Pandemie und die staatlichen Reaktionen darauf tiefe Spuren in der Kulturlandschaft hinterlassen haben und fordern mehr Unterstützung und Anerkennung für die Kulturszene von der Politik. Sie beklagen die Ungewissheit und die fehlenden Perspektiven und diskutieren mögliche Lösungen für die Zukunft.
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JENS LEHRICH: Liebe Community.Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe Auf Augenhöhe. Deutschland imJahr 2020 hat sich verändert. Was für uns vor einem Jahr noch ganz normal war,dass wir ins Kino gehen, dass wir in Klubs tanzen gehen, dass wir ins Theatergehen, dass wir in Konzerte gehen, das hat sich seit dem März diesen Jahreskomplett verändert. Darüber wollen wir heute sprechen in dieser Ausgabe, dieheißt Kultur, Gesellschaft, Demokratie. Und ich freue mich sehr auf denheutigen Abend mit meinen Gästen hier am Tisch. Ich begrüße ganz herzlichSebastian Glanz. Hallo Sebastian.
SEBASTIAN GLANZ: Hallo. Vielen Dankfür die Einladung.
JENS LEHRICH: Sebastian. Du bistVeranstalter und Clubbetreiber aus Schwerin und du sagst, dass kulturelle Lebenist für junge Menschen in der heutigen Zeit enorm wichtig. Herzlich willkommen.
SEBASTIAN GLANZ: Ja. Vielen Dank.
JENS LEHRICH: Ich begrüße auchebenso sehr herzlich Alexander Baab. Schauspieler aus Stromberg bei Bingen. Wirhaben extra gesagt, nicht Stromberg. Stromberg. Das ist ganz wichtig. UndAlexander sagt, Kultur und Kunst sind in schwierigen Zeiten wie jetzt wichtigerdenn je. Schön, dass du da bist.
ALEXANDER BAAB: Ja. Danke schön fürdie Einladung.
JENS LEHRICH: Sehr gerne. Und ichbegrüße ganz herzlich Layzee Mr. President. Künstler und Produzent aus Hannover.Hallo Layzee.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Hallo. Vielen Dankfür die Einladung.
JENS LEHRICH: Ja. Sehr, sehrgerne. Wir freuen uns, dass du da bist. Ich möchte es kurz erwähnen, weilnormalerweise siezen wir uns, aber du bist Engländer und du hast gesagt, einSie kommt für Engländer nicht in Frage.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Eigentlich nicht.Also in meinen Kreisen gar nicht. Also es kommt dann vor, wenn man Präsidentenoder Königin oder so was vor sich oder Leute mit hohen Titeln, dann gibt esdieses Sir.
JENS LEHRICH: Sir. Also die Queenduzt man nicht.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Auf gar keinenFall! Gefährlich.
JENS LEHRICH: Aber wir waren unsvon Anfang an so sympathisch, dass wir gesagt haben, wir bleiben beim Du. Das istfür alle okay und-
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Finde ich auchgroßartig von euch. Vielen Dank und ich weiß es zu schätzen.
JENS LEHRICH: Und das macht esauch einfacher. Layzee, du sagst, es ist bedauerlich, dass so viele Leute ihreigenes Ding machen und sich keiner um keinen kümmert. Willkommen in Berlin.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Danke schön. Ichliebe Berlin.
JENS LEHRICH: Die Sendung. Ihrkennt das. Das Konzept funktioniert ganz einfach. Wir haben fünf Thesen. Überdiese fünf Thesen werde wir heute Abend miteinander sprechen und da kommen wirdann auch schon zur ersten These. Die heißt, eine lebendige Kulturszene ist füreine freiheitlich-demokratische Gesellschaft nicht relevant. Sebastian. Du alsVeranstalter, Clubbetreiber. Wie wichtig ist Kultur?
SEBASTIAN GLANZ: Kultur ist sehrwichtig. Man sieht ja jetzt auch gerade in den vergangenen Wochen, waspassiert, wenn Kultur außen vorgelassen wird. Die Leute gehen auf die Straße inFrankfurt, in Stuttgart, in anderen Städten. Es kommt zu Randalen. Die Menschenfühlen sich eingesperrt und gerade Kultur bewegt die Menschen. Kultur sorgtdafür, dass Menschen ihre Alltagsprobleme vergessen können. Sorgt einfach fürganz andere Erlebnisse. Es ist ja auch wie beim guten Essen. Wenn man abendsmit seiner Frau weggeht und gutes Essen zu sich nimmt, einen schönen Abendverbringt und ähnlich ist es ja auch mit der Kultur. Ich gehe irgendwohin. Ichgucke mir was an oder ich gehe in einen Club. Gehe zum Tanzen. Es ist einfachsehr, sehr wichtig, um einfach auch die Probleme, die sich vielleicht in derWoche angestaut haben, vielleicht auch einfach mal für ein paar Stundenvergessen zu können und einfach auch was Neues erleben zu können. Alexander,siehst Du das auch so? Kultur als Ventil?
ALEXANDER BAAB: Absolut. Kann ichnur das unterschreiben, was du gerade gesagt hast, weil das ist- Man merkt, wieviel Spannung einfach jetzt gerade auch in der Luft liegt. Also bei allenMenschen, die zu Hause auch jetzt eingepfercht waren während dieser Pandemie,während diesem Shutdown, wo man dann auch merkt, ja, den Menschen fehlt was.Die versuchen das mit irgendwas zu kompensieren, worauf sie Zugriff haben. Dassind dann natürlich Netzwerke, soziale Medien, aber auch ganz viel dieStreamingdienste laufen heiß, weil sie immer noch jetzt nach neuen Serien, nachneuen Filmen gerade jetzt, wie das auf einmal boomt. Und es ist aber trotzdemnicht dasselbe wie jetzt rauszugehen und sich mal ein paar Stunden durch einKonzert, durch Stimmen, einzigartige Stimmen auf der Bühne, durch spannendeGeschichten, die auf der Bühne gezeigt werden oder im Film gezeigt werden auch,sich da mal ablenken zu lassen. Und da merkt man einfach, die Spannung wächstda auch immer weiter. Also wenn das sich nicht lockert, dann sehe ich, ganz ehrlich,große Probleme.
JENS LEHRICH: Nimmst du das auchso wahr, Layzee?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich nehme das aufjeden Fall war, weil es ist für den Geist gut. Es ist, wie gesagt, ein Ventil,wurde schon erwähnt. Es ist ein großer Faktor. Die Menschen, die brauchen das.Die müssen sich artikulieren können. Nicht nur wörtlich, aber auchkünstlerisch, normale Kunst, singen und so was. Das muss raus. Das hat mitkünstlerischem Freigeist zu tun und die Menschen, die brauchen das auf jedenFall.
JENS LEHRICH: Wann war für dichso klar, was da aus China auf uns zurollt? Also ab welchem Zeitpunkt hast dugedacht, okay, jetzt wird es schwierig?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Es war mireigentlich nicht so bewusst. Ich habe so, okay, jetzt kommt was. Es kann nochmal ...#00:06:05# oder Schweinegrippeoder Vogelgrippe. Ich habe einfach so, okay, noch eine Pandemie bricht aus. Malgucken, ob sie herkommt. Angeblich war N1.2.1 schon in Deutschland, aber keinerhat es mitbekommen. Dieses Mal haben wir dann wirklich mitbekommen mit Lockdownund ist egal, wo man geschaut hat. Es war immer dieser Virus und Nummern undZahlen und blablabla. Da war es mir bewusst. Okay. Gut. Es ist da. Es istwirklich. Es ist real. Wie kommt man damit zurecht?
JENS LEHRICH: Sebastian. Ihr habtja, du bist Clubbetreiber aus Schwerin, ihr habt ja sogar dann eine Wochevorher euren Club schon dichtgemacht, weil am Anfang warst du auch so, dass dugesagt hast, du willst die Gäste schützen und erzähl mal. Kannst du dich an denMoment erinnern?
SEBASTIAN GLANZ: Ja. Wir haben einenAnruf bekommen von der Stadtverwaltung, die mit uns Gespräche darüber geführthaben, dass da was kommt. Es hieß am Anfang noch gar nicht Lockdown oderirgendwelche Einschränkungen über vier Monate, sondern einfach, es wird darüberberaten, dass etwas passiert, dass etwas kommt. Und das war auf Montag. Alsowir hatten gerade noch ein schönes Wochenende hinter uns. Hatten einen tollenAbend. Der Laden war voll. Alle haben gefeiert. Wir hatten wirklich viel, vielSpaß. Und dann hieß es auf einmal, okay, die Besucherzahlen müssen beschränktwerden. Nur noch 200 Leute. Und da haben wir dann schon gesagt, okay, es istdoch ernster. Man liest dann in den Medien, man guckt natürlich viel, viel mehrdann auch in die Nachrichten rein und auch nicht nur deutschlandweit, sondernauch mal weltweit. Was passiert da eigentlich gerade. Und das war dann derPunkt, wo ich gesagt habe, okay. Wenn es jetzt soweit ist, dass wir darüberreden, dass wir eingeschränkt werden, dann möchte ich das unterstützen, um soschnell wie möglich wieder in ein normales Leben zu kommen und sage, okay, wirmachen jetzt dieses Wochenende zu. Dass das jetzt natürlich sich über 25Wochen, Monate hinzieht, gerade für die Clubs, die halt gar keine Perspektive haben,keine Einnahmen haben, ähnlich wie auch bei vielen Live-Künstlern, die auf derBühne stehen, bei vielen Theaterschauspielern. Das ist unfassbar. Also das istfür uns- Das ist ja wirklich das, was wir gerne machen, ist von heute aufmorgen einfach weg und uns fehlt mittlerweile auch einfach die Perspektive, umzu sagen, okay, wann können wir wieder starten. Wie können wir wieder starten.Es gibt einfach für uns gar nichts. Es gibt keinen Ausblick, kein gar nichts,und das macht uns mittlerweile auch etwas wütend.
JENS LEHRICH: Alexander. DieKarl-May-Festspiele in Burgrieden, das war dein letztes Engagement. Wie war esda? Also wann kam der Moment, wo es hieß, ihr könnt nicht mehr spielen?
ALEXANDER BAAB: Ja, das war einganz schöner Kampf letztendlich, der da auch gefochten wurde, um zu gucken,können wir denn dieses Jahr spielen oder können wir nicht spielen und dieHoffnung ist wirklich ganz, ganz lang geblieben auch. Wir hatten auch eine ganztolle Chefin da, die Claudia (?Hulz), die sich da extrem viel für eingesetzthat. Okay. Was können wir machen. Was sind die Auflagen. Die Festspiele liegenin Baden-Württemberg. Wir haben drauf gewartet, dass Baden-Württemberg endlichsagt, okay, wie viele Menschen dürfen wir denn überhaupt ins Theater lassen.Was ist eine Großveranstaltung? Jeder von uns kennt die schönen Ausdrücke, dieuns eine Zeitlang begleitet haben und immer noch begleiten. Ja und wir haben dawirklich die ganze Zeit noch überlegt, okay, was können wir an Konzeptenerarbeiten. Und die haben sich wirklich 20, 30 Varianten überlegt, wie sie dannHygienekonzepte machen können, so dass die Sicherheit der Menschengewährleistet ist. Das steht im Vordergrund. Also dass wir einfach auch sagen,es gibt diese Pandemie. Sie ist da. Wir müssen jetzt gucken genauso wie beieuch, lieber so gut und so schnell wie möglich und so sicher wie möglich wiederin eine Normalität zurückkommen, aber unter Einhaltung von dem, was wir machenkönnen, um diese Pandemie einzudämmen, damit alles wieder in einen Normalturnuskommt. Und ja, ich weiß, wir haben- Proben hätten normalerweise angefangen EndeMai, Anfang Juni, und dann hieß es erstmal, okay, es wird verschoben. Wir habenleider noch nichts von Baden-Württemberg gehört. Und dann wurden die Probennoch mal verschoben und wir alle schon so, hm, was können wir denn machen undso und wie ist es denn um diese Unsicherheit. Es ist ja auch gerade in demFachbereich Kunst und Kultur, diese Unsicherheit, wann dürfen wir denn endlichoder wann geht es denn wieder los oder wann können wir die Gäste denn wiedereinladen, weil es ist ja auch eine große Zeit, die wir brauchen, um die Gästewieder zu uns zu kriegen, um ihnen wieder zu sagen, hey Leute, es findet wasstatt. Kommt zu uns. Wir bieten euch das und das. Ja und dann letztendlich Prämierehätten wir gehabt am 4. Juli und Mitte Juni hieß es dann, okay. Das wird diesesJahr nichts mehr. Das kriegen wir nicht mehr hin. Und wir hatten dann direktauch schon überlegt, okay, wir gucken jetzt, wie der Verlauf ist. Wir sind nocheine relativ neue Bühne. Wir müssen uns im Gedächtnis der Leute halten. Okay.Was können wir also machen, um die Leute zumindest noch ein bisschen da bei unszu halten und wir hatten da auch eine Live-Lesung, wo wir dann auch mal mitMikrofon die Sachen einsprechen, wo wir Pyrotechnik zünden, wo ein gewisserTeil im Publikum sitzen kann oder so und das miterleben kann undgegebenenfalls, dass wir das auch als Livestream raushauen können. Ja. DiePferde mal über die Bühne galoppieren lassen und mit allem drum und dran undauch das kriegen wir mit sämtlichen Auflagen, haben wir das nicht hingekriegt.
JENS LEHRICH: Layzee, wie war dasbei dir? Also wann war der Moment in diesem Jahr?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Bei mir war, ichwollte sagen Glück im Unglück, aber es war nicht glücklich. Ich hatte mal einePause eingelegt. Ich habe gesagt, okay, Ende Januar will ich an einemShowkonzept arbeiten und ich glaube, die letzte Show war am 28. So was in demDreh. Dann habe ich gesagt, okay, von März bis ich glaube, Anfang Mai will ichan einem neuen Konzept arbeiten und habe ich wirklich eigentlich gar nichtdarum gekümmert. Ich habe nur gehört, es ist da, es ist da, es ist da. Und habeimmer noch mein eigenes Ding gemacht. Und dann auf einmal war das so, ja, istgestrichen. Was ist gestrichen? Die Tour. Okay. Gut. Alles klar. Wir haben nochMexiko, weil Mexiko war zu dem Zeitpunkt war noch-.
JENS LEHRICH: Du tourst jainternational.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich arbeite internationalund ich habe nur gemerkt, die Schweiz Lockdown, das Lockdown und es kam so wieBowling.
JENS LEHRICH: Ein Pin nach dem andern.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ein Pin nach demandern und auf einmal standen wir da und haben gedacht, okay, das Jahr istvorbei. Dann haben wir gehört, irgendwie August. Habe ich denn in denTerminkalender geguckt. Okay. Gut. Es gibt ein paar Shows im August.
JENS LEHRICH: Open Airwahrscheinlich.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Open Air bis soMitte September, die immer noch in Frage waren, aber es sah gut aus. Und dann,ich glaube, Ende Juni, also ein paar sind pleite gegangen und der Rest war wegund das war wirklich dann. Okay. Was machen wir denn jetzt? Wie sieht das ausim Oktober, November, Dezember? Wenn ich nicht weiß, dann kann ich dann gleich,alles von mir aus gleich alles absagen. Dann brauche ich mir keine Gedanken,keine Kosten zu machen. Neue Show und neue Produktion kann ich dann allesstilllegen, bis ich weiß, wann ich wieder anfangen kann. Und ja.
JENS LEHRICH: Sebastian erwähntegerade, er ist langsam auch ein bisschen wütend. Also kannst du dasnachvollziehen?
ALEXANDER BAAB: Vollkommen, weilman sitzt. Man darf, und das ist das Ding, man darf seine Arbeit nicht machen.Ja. Das, was man vielleicht jahrelang studiert hat oder gelernt hat und es isteinfach, man darf es nicht. Es ist nicht mal, dass man nicht kann. Es wirdsämtliche, ist egal, welche Maßnahme man nimmt, welche, wie sagt man so.Welches Kontingent oder Konzept. Es wird immer, nee, geht nicht. Ja und na klarwird man wütend, weil man versucht dann irgendwie entgegenzukommen, aber keinerkommt dir entgegen. Ja. Also ich fühle mich alleine gelassen. Ich glaube, ihrauch. Also ganz alleine gelassen und ich finde es auch schade.
ALEXANDER BAAB: Und es werden einemsehr viele Steine einfach auch in den Weg gelegt.
JENS LEHRICH: Genau.
ALEXANDER BAAB: Trotzdem, umirgendwas zu erreichen und man sieht richtig, wie viel Herzblut die Leutereinstecken und versuchen, es auf die Bühne zu bringen und es wird nichtgemacht oder es kann nicht gemacht werden, weil einem dann wieder gesagt wird,nee nee nee. Das können wir nicht machen und so kriegst du das nicht durch. Neeund da ist ein Gast wieder zu viel oder zwei Gäste. Nee, nee. Da musst duwieder reduzieren und so. Und das ist- Und man ist wie ein Spielball, dereigentlich die ganze Zeit davon abhängig ist, wie hoch die nächste Welle kommt.
SEBASTIAN GLANZ: Ja. Und vor allemauch dieser Spielball. Das ist schon ganz richtig. Also man spielt ja auch mit unseremOptimismus. Wenn mir jetzt einer gesagt hätte, wahrscheinlich darfst du dasganze Jahr über keine Veranstaltung mehr machen, dann hätte ich mir März, Aprilüberlegt, will ich das bis Jahresende so machen, weil ein Club hat wahnsinnighohe Fixkosten.
JENS LEHRICH: Das heißt, dieMiete, die Mitarbeiter, Strom. Alles muss bezahlt werden.
SEBASTIAN GLANZ: Die Miete. Genau.Gema kannst du auch nicht von heute auf morgen kündigen. Kündigungsfrist. Mussdu auch drei Monate erstmal zahlen. Du hast einfach einen riesengroßenKreislauf oder einen riesengroßen Rattenschwanz, der da einfach dran ist undhätte mir das damals jemand gesagt, dann hätte ich wahrscheinlich gesagt, okay,war eine schöne Zeit, aber ich habe was anderes gelernt. Ich komme aus einem ganzanderen Bereich. Ich gehe dorthin zurück oder ich suche mir jetzt was anderes.So ist es ja so. Jeder von uns, also ich habe mich ja mit vielen anderenClubveranstaltern mal ausgetauscht und die sagen halt auch, das Problem, wasman jetzt hat. Stell dir vor, du schließt jetzt ab und dann auf einmal heißt esim nächsten Monat, ihr könnt aufmachen. Das ist ja das Problem. Also eskommuniziert ja mit uns keiner. Wenn sich einer wirklich hinstellen würde undsagen würde, hey, Clubs, bis zum 31.12 definitiv nicht. Konzerte definitiv bis31.12. nicht. Dann ist das was, womit wir arbeiten können. Das wäre eine klareAnsage und wir können entscheiden, wollen wir das oder wollen wir das nicht.Aber so ist es ja immer diese Hoffnung, dass es heißt, nächsten Monat oder esgibt noch mal Unterstützung oder es passiert irgendwas. Und das ist genau das,was uns auch so ärgert, weil du kennst das ja auch selbst. So eine Show machstdu nicht von heute auf morgen. Das heißt, selbst wenn es jetzt heißt, wirdürften im September wieder öffnen. Künstler anfragen. Die ganze Organisationdahinter. Wir haben viel Aushilfskräfte. Die sind auf das Geld angewiesen.
JENS LEHRICH: Und vor allem auchdie Frage, kommen die Leute überhaupt wieder. Also da habe ich mich mit Layzeeauch im Vorgespräch kurz drüber unterhalten. Also wie ängstlich ist dasPublikum.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Ich merke dasschon jetzt, weil ich war bei einer Livegeschichte, wo es mit Autokino undblablabla. Meine ganzen Kollegen, die waren alle da. Ich weiß, dass die auch imLockdown waren und haben auch nicht gearbeitet seit März oder so. Ich weiß,dass die komplett ...#00:18:07# war,aber es war irgendwie, ja, wir machen wir das jetzt? Mit Händeschütteln oderwie machen wir das? Das ist irgendwie echt ein blödes Gefühl, weil obwohl siediese Maßnahmen mitgemacht haben und wir sind auch gute Freunde und wir wissenganz genau, der hat schon lange nicht mehr. Wie lösen wir das denn auf? Machenwir es so oder machen wir- Und das wird in den Leuten noch stecken. Auch wenndie sagen, morgen. Ja. Okay, gut. Ist vorbei. Ihr könnt-
ALEXANDER BAAB: Aber das ist jaauch so eine Crux, weil du den Leuten trotz allem anmerkst, die wollen gerne.Die wollen gerne, aber sie trauen sich nicht richtig. Also es ist immer sodieser kurze Schritt, gehe ich jetzt über die Türschwelle oder nicht. Trete ichjetzt ein oder nicht. Und das ist vorher, wo da eine Selbstverständlichkeitnatürlich auch in unserm Fachbereich war, wo die Leute sagen, klar, zurUnterhaltung. Ich suche mir ein Theater aus. Ich suche mir einen Club aus. Ichsuche mir eine tolle Veranstaltung aus, wo ich gerne hingehe und mir wasanhöre, wo da jetzt einfach immer permanent diese Angst drunterliegt, dienatürlich ganz stark auch suggeriert wird durch das, was in den Medien, was manhört, durch das, was natürlich Leute erleben, durch unsere momentigegesellschaftliche Gegebenheiten, die einfach jetzt drum herum sind, wo durichtig merkst, die Leute wollen, die sind auch unruhig und die wollen gerne.aber sie trauen sich nicht.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Die trauen sich dasgar nicht und ich merke das, weil das auch jetzt schon- Zum Beispiel ich bingerne unter Leuten und besonders, wenn ich meine Show mache und gehe zu denLeuten hin und die können anfassen und es wird, ich habe das Gefühl es wirdnoch extremer geguckt. Was macht der denn? Gibt er die Hand? Und Skepsis und Beobachtung.Kontrolle.
JENS LEHRICH: Und sogar einerSpaltung auch in gewisser Weise, weil man auch gar nicht weiß, wie soll manselbst auf den anderen zugehen. Und da würde ich auch gerne noch mal den Bogenmachen zur Demokratie. Also wie wichtig ist Kultur für Demokratie? Also wiesteht es im Moment um unsere Demokratie?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Demokratie istso ein Ding. Also Kunst und Demokratie gehört eigentlich zusammen, weil ineiner Demokratie hat man eine freie Meinung. Freie Meinung heißtAusdrucksweise. Es gibt ja Leute, die hauen auf den Tisch und sagen das und dasund das und das, und es gibt Leute, die lesen und sagen, okay, es muss so sein.Ja. Und das gehört auch dazu. Das bewegt die Demokratie. Jeder hat eineMeinung. Jeder darf diese Meinung auch äußern, egal wie. Das ist die Kunst.Also Kunst und Demokratie gehören zusammen. Meine Meinung.
JENS LEHRICH: Ja. Damit kommenwir zur zweiten These des heutigen Abends und die lautet wie folgt: Eine Kriseauszusitzen ist die beste Maßnahme, um sie zu überwinden. Und da wäre auchmeine Frage, Alexander, es war für diese Sendung gar nicht so einfach, Menschenzu bekommen, die sich hier mit uns an einen Tisch setzen, weil die Gefahr inder Luft zu liegen scheint, dass, wenn man das Falsche sagt, man Angst um seineKarriere haben muss. Und wir hatten hier schon eine bekannte Pianistin, JaminaGerl, eine klassische Pianistin, die sich auch fragt, wo sind die Künstlerinnenund Künstler.
ALEXANDER BAAB: Ja. Wo sind dieKünstlerinnen und Künstler. Das ist eine sehr gute Frage. Um jetzt gerade nochmal auf die Wirkung, die so eine Gesprächsrunde eventuell auch haben kann oderso. Also ich habe mir jetzt da auch nicht gedacht, woa, das könnte jetzt, wennjetzt irgend jemand nicht meiner Meinung ist, dann ist das völlig in Ordnung.Ja. Also auch, wenn wir hier über Sachen sprechen. Ich denke, wir sind hier, umüber Dinge zu sprechen gerade jetzt heute auch Kultur, Gesellschaft undDemokratie, wo ich finde, es ist absolut wichtig, sich andere Meinungenanzuhören und wenn jetzt jemand eine Meinung vertritt, muss ich ja nichtderselben Meinung sein, aber es ist wichtig, mir auch gegebenenfalls ein Contramal anzuhören, um mal festzustellen auch selber, wie stehe ich denn eigentlichdazu. Deswegen ich kann das, aus meiner Perspektive kann ich es nichtnachvollziehen, weil ich finde, es bietet diese Möglichkeit hier. Es bietet mitverschiedenen Leuten, die man sonst auch so noch nicht getroffen hat und mitdenen man trotzdem Gemeinsamkeiten hat, bietet das wirklich eine Möglichkeit,dass man sich austauschen kann, Erfahrungen austauschen kann und gegebenenfallsauch andere Blickwinkel mal wieder auf das Ganze sieht.
JENS LEHRICH: Zumal dass wir jaauch keine politische Richtung hat. Wir sagen immer, das ist gesunderMenschenverstand. Wir sind nicht links, nicht rechts, nicht oben, nicht unten.Wir wollen einfach verschiedene Meinungen hören.
ALEXANDER BAAB: Genau das. Ichfinde, dass sich vielleicht nicht viele dazu bereit erklären oder so, so was zumachen. Ich weiß nicht. Für mich geht das ein bisschen mit einher mit auchgerade jetzt wieder aus der Kulturwelt halt, wenn ich mich mit vielen, ich habemich mit vielen Kollegen unterhalten dann auch viel über Livestream oder so, woman auch wieder mal mit Kollegen gesprochen hat, die man sonst lange nicht mehrgesehen hat oder so, was ich dann auch wieder sehr schön fand. Aber auchfestzustellen, diese Lethargie, die mit einhergeht, diese Machtlosigkeit zusagen, okay, wir wollen alle irgendwie was. Wir wollen auch alle irgendwo indieselbe Richtung. Wir wollen was Ähnliches machen. Singen, tanzen, spielen,Kunst machen. Und dann aber diese Lethargie und diese Ohnmacht, nichtsdazumachen, aktiv dazumachen zu können, dass wir wirklich wieder auf die Bühnegehen können, und da merke ich, sind ganz viele meiner Kollegen und Freunde,die im künstlerischen Bereich arbeiten, wo ich merke, das tut denen im Herzenweh, dass tut denen in der Seele weh, was im Moment gerade und was hier auchgerade in Deutschland, muss ich zugeben, abläuft.
JENS LEHRICH: Wie, Layzee, siehstdu das also jetzt in deinen Musikerkreisen? Was überwiegt da? Der Aktivismusoder die Lethargie?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich sage jetzt,beides, weil es ist schwierig, sich zu äußern. Also im Moment ist das superextrem. Man äußert sich falsch und dann bist du gleich, du, du, du, du. Dasgeht so nicht. Und das finde ich nicht in Ordnung, weil für ein paar Monate wardas okay. Ja. Jetzt im Moment, weil die Sache sich zuspitzt, sagen wir so,haben wir diese Spaltung in der Gesellschaft. Woher das kommt, das weiß ichnicht. Dieses gängige Wort, das ich immer höre in letzter Zeit, ist,Verschwörungstheorie. Und das geht mir wirklich auf den Sack, weil ich habekeine Ahnung, was ein Verschwörungstheoretiker ist. Ich weiß nicht, was einConspirity ...#00:25:28# Ich weiß, esist ein Film, wo der Protagonist recht hat. Ja. Also das zur Seite. Trotzdemich finde das nicht in Ordnung.
JENS LEHRICH: Es ist so ein Stempel,den man bekommt.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Es ist ein Stempel.Also in unserer Lage jetzt als Künstler, die Leute, die eigentlich was zu sagenhaben, finde ich, dass viele nichts mehr sagen, weil die diesen Stempel nichthaben wollen. Aber auf der anderen Seite, sagen wir so, zu viele Home-DJ's habeich noch nie gesehen. Das ist unglaublich. Ja. Und ich finde ein paargrottenschlecht, aber es gibt auch ein paar Geile dabei.
ALEXANDER BAAB: Die sich vorhernicht getraut haben.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Die sich vorhernicht getraut haben. Weil ich bin ja auch DJ, aber …#00:26:26#
ALEXANDER BAAB: Vielleicht solltestdu mal.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Vielleicht sollteich. Ja.
JENS LEHRICH: Wir sind ja schonbei der Zukunft.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Mein bester Kumpel(?John München), der ist super. Der ist der Sohn von Udo Jürgens. Super. Ermacht 80er Sachen, 70er. Also der mischt das alles. Ist Hammer. #00:26:50#
JENS LEHRICH: Sebastian, du hastja auch eine politische Karriere. In Parchim bei einer Bürgermeisterwahl 23Prozent der Stimmen. Du bist in der SPD. Was sagt denn jetzt der Politiker indir zu alledem, was du hier hörst?
SEBASTIAN GLANZ: Was der Politikerdazu sagt? Kann ich dir gar nicht so genau sagen. Ich finde einfach, ich sehedas ähnlich wie ihr, aber ich glaube, was einfach fehlt, ist, man hat uns jadie Bühne weggenommen und die Bühne war ja eigentlich auch immer so einbisschen unsere Möglichkeit, unsere Meinung zu transportieren, unsere Visionen,unsere Ideen kundzutun, den Leuten mitzuteilen, und das ist alles weg undmomentan durch diese sozialen Medien ist es ja so, dass jeder sich hinstellenkann und sagen kann, der Himmel ist blau, der Himmel ist grün, der Himmel istlila, der Himmel ist rot. Vielleicht ist aber auch Farbenblinder dabei. Dasheißt, das, was er sieht, ist wirklich so für ihn, und ich glaube, ähnlich istes einfach auch mit Meinungsäußerungen. Jeder hat das Recht, seine Meinung zusagen. Das ist auch unheimlich wichtig in einer Demokratie und jeder hat aucheine andere Ansicht. Das Problem ja einfach, was wir jetzt haben, ist, keinervon uns kann in die Zukunft gucken. Jeder stellt sich aber gerne hin und sagt,wie er es gerne hätte. Das ist auch völlig in Ordnung und völlig legitim. Ichglaube aber, für die Politiker ist es da einfach jetzt auch wichtig, einenMittelweg zu finden für alle. Sei es für die Künstler, sei es für dieSchauspieler, sei es für die Moderatoren, sei es für die Clubbetreiber, sei esfür die Tontechniker, sei es für die ganze Branche. Egal, in welcher Brancheman sich genau befindet. Es ist einfach wichtig, dass Kultur sich nicht mehrnur darauf beschränkt- Bei uns in Mecklenburg gibt es da so ein ganz schönesBlatt. Da stehen so die Branchen drin und dann steht da drin wirtschaftlicheWichtigkeit und noch soziale Wichtigkeit steht drin. Und bei uns ist es zumBeispiel so in Mecklenburg-Vorpommern, werden Opern und Theater als hochdeklariert im sozialen Faktor. Clubs, Diskotheken und Live-Spielstätten alsgelb, als mittel. Und das zeigt eigentlich auch so ein bisschen das Problem,was ich sehe in der Politik. Sie sind halt alle älter, wenn man das so sagendarf so ganz vorsichtig. Sie befassen sich wenig mit der Jugend und für eineJugend oder für die Jugend ist nun mal der Ausgleich gerade am Wochenende nochwichtiger als vielleicht für viele Ältere und das ist das, was halt komplettder Jugend ja weggenommen wird. Jetzt heißt es bei uns-
JENS LEHRICH: Nach dem Motto, wirschützen vor dem Virus, aber wir verursachen damit eigentlich seelische Schädenbeziehungsweise wir nehmen die Lebendigkeit raus.
SEBASTIAN GLANZ: Das auf jeden Fall.Die Frage ist natürlich auch, schützen sie wirklich die Jugend vor dem Virus,weil anstecken kann ich mich überall. Anstecken kann ich mich auch in derEinkaufshalle. Anstecken kann ich mich in der Schule. Meine Frage ist ja, vorein paar Wochen sind die Sommerferien vorbei gewesen. Dort war es am Anfang so.Es gab keine Maskenpflicht für die Schüler. Es gab zwar Gruppeneinteilungen,aber stellenweise 300 Schüler waren gleichzeitig in einer Schule. Dann stelleich mir natürlich die Frage, warum ist es dann unmöglich, für 200 Personeneinen Club zu öffnen. Das ist so eine These, die ich gerne mal aufstellenwürde. Es gibt für mich dort als Clubbetreiber keine Antwort darauf und das istdas, was einfach so schwierig ist und das ist bei andern Spielstätten genauso.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Warum darfst du aufeiner Freilichtbühne an der frischen Luft nicht mehr Leute nebeneinander sitzenlassen, auch wenn du bestimmte Hygienekonzepte hast oder so? Aber warum gehtdas nicht? Eine sehr gute These.
SEBASTIAN GLANZ: Und beim Flugzeugist es wiederum erlaubt und das ist das, was uns ja so auch stört. Man hat sodas Gefühl von Lobbyismus. Es geht einfach darum, wer ist wirtschaftlichwirklich wichtig.
ALEXANDER BAAB: Und bei wem steckthalt auch viel Geld dahinter, der als erster dann auch am lautesten schreit,hier, hört mal Freunde. Wir wollen aber jetzt mal unser Konzept so etwadurchkriegen.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Und ganz kurzleicht politisch zu werden. Es ist komisch. Wir dürfen in der Freilicht keine,muss ein riesen Abstand und blablabla, aber vor ein paar Wochen oder vor einemMonat kann ich mich an Black-live-matter erinnern. Wieso wird das denn, ichwürde nicht sagen erlaubt, toleriert. Ja. Weil ich glaube nicht, dass die eineGenehmigung dafür gehabt haben. Das war viel zu schnell. Die haben einfach so.
ALEXANDER BAAB: Du meinst jetzt dieDemonstrationen.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Demonstrationen.Jaja.
JENS LEHRICH: Ist es vielleicht,dass die Politik, da frage ich noch mal Sebastian, einfach Angst davor hat,falsche Entscheidungen zu treffen, weil es dann immer gleich auf die Karrieregeht, weil dann auch die Medien schreien und sagen. Also ich meine, Herr Södermerkt ja zum Beispiel im Moment sehr gut, dass seine Autorität auch zu gutenUmfrageergebnissen führt.
SEBASTIAN GLANZ: Na klar hat dasauch zum kleinen Teil oder zum mittleren Teil, mittelgroßen Teil damit zu tun.Ich glaube aber auch einfach, wie ich vorhin schon gesagt habe, es gibt einfachmomentan kein richtig und kein falsch, weil niemand von uns kann in die Zukunftgucken. Niemand weiß, wie der Virus sich entwickelt, wie er sich ausbreitet,wie er sich nicht ausbreitet. Ich glaube, wir brauchen einfach jetzt praktischeErfahrungen und wir haben bei uns im Bundesland einfach total gut. Wir haben(?Griff) Wir haben die wenigsten Infektionszahlen deutschlandweit und ich findeeinfach, warum so ein Bundesland nicht auch ein bisschen nutzen inAnführungsstrichen, um einfach gewisse Sachen auszuprobieren. Einfach zu sagen,hey, wir haben so wenig Infizierte. Wir öffnen mal die Clubs und wenn es nichtfunktioniert, dann können wir immer noch agieren oder reagieren, aber wir müssenirgendwas machen.
JENS LEHRICH: Zumal solcheDemonstrationen wie Black-live-matters ja auch zeigen, dass sich dasInfektionsgeschehen jetzt auch nicht unbedingt erhöht hat.
SEBASTIAN GLANZ: Ja, aber ich sagemal, wenn so eine Demonstration vielleicht eine Woche später stattfindet, kannes ja passieren. Also es gibt immer Möglichkeiten, wo der Virus sich ausbreitenkann. Es ist ja nicht gesagt, nur weil es jetzt diese eine Woche nicht passiertist, dass es dann eine Woche später auch nicht passiert. Also da muss man immerdifferenzieren. Deshalb sage ich, man muss jetzt einfach auch bereit sein, einkleines Risiko einzugehen, um Sachen zu öffnen und dann zu schauen, waspassiert oder eben, was auch nicht passiert.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Und das wurde jaauch vor Wochen, Monaten auch gesagt. Also sobald die Fallzahlen wiederhochgehen, dann gehen wir einen Schritt zurück, aber es jetzt auf einerPosition zu lassen, wo wir es halt immer noch geschlossen lassen und es nichtmal zu probieren. Wir wollen ja wieder zurück in eine Normalität und ohne, dasswir es nicht probieren, wie soll das funktionieren.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Das stimmt. Weilich finde, wie gesagt probieren oder bei gewissen Maßnahmen gucken, wie du soschön gesagt hast, wo geht es, wo geht es nicht. Was können wir da machen undes muss nur immer die Regierung entscheiden. Wir können eigentlich ins Gesprächkommen, wer diese Entscheidung übernimmt und wie das aussieht, wie wir dasformulieren können. Und irgendwas, was überhaupt nicht probiert oderangesprochen wird und ich kann verstehen, warum so viele Künstler,Clubbetreiber und alle sauer sind.
ALEXANDER BAAB: Aber Layzee, dawollte ich vorhin noch mal kurz, wo du es ja auch gesagt hast, alsBlack-live-matters rauskam und da mit der Demonstration, wo dann so vieleMenschen dann auch so wieder aufeinander getroffen sind. So was wird dagegen,dürfen wir das machen oder nicht. Da hatten wir ja vorhin kurz das Thema zu.Ist das denn erlaubt, dass sich dann auf einmal zu einer Demo, ohne dass dasjetzt irgendwie, dass die da überhaupt eine Genehmigung für gekriegt haben,weil das ging ja super schnell, aber auf der andern Seite, was soll uns dasdenn suggerieren? Sollen wir dann unsere Geschäfte, unser Lebenswerk, sollenwir das dann trotzdem knallhart einfach durchsetzen und uns drüberhinwegsetzen? Also das finde ich gerade so einen bemerkenswerten Ansatz, weilauf einmal bei einer Demonstration ist es halt so, ja, ist okay. Aber so dieganze Zeit Kulturwelt und so wird niedrig gehalten und macht das nicht und dasVerbot kriegt ihr und die Auflage kriegt ihr, aber heißt das denn, wir sollenuns jetzt einfach mal drüber wegsetzen?
JENS LEHRICH: Weil man beiBlack-live-matters aber auch auf jeden Fall sich die Finger politischverbrennt, wenn man dagegen ist.
SEBASTIAN GLANZ: Das ist auch derPunkt, um den es da geht. Also bei uns und auch deutschlandweit ist es ja so.Ich glaube nicht, dass jetzt zum Beispiel keine Tanzveranstaltungen stattfinden.Die illegalen Open-Airs, die illegalen Partys werden trotzdem stattfinden. Nurjetzt ist halt der Punkt, es gibt halt nicht Clubbetreiber, die zum Beispieldort hinter stehen und sagen, hey, das sind die Maßnahmen, dieHygienemaßnahmen, an die müssen wir uns halten, sondern sie feiern einfach. Undauch da ist es ja nicht unbedingt so, dass jetzt auf einmal tausendNeuinfizierte bei uns in Mecklenburg gemeldet werden.
JENS LEHRICH: Gut. Da wären wirjetzt in einem medizinischen Thema. Die Frage ja sowieso auch im Raum steht. Esgibt ja auch Kritikerärzte wie Dr. Wodarg oder Professor Sucharit Bhakdi, diesagen, es ist eben kein Killervirus und trotzdem haben wir aber dieseMaßnahmen.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Das ist die großeFrage. Ich meine, warum so harte Maßnahmen für einen Virus, wie dieserProfessor gesagt, nicht eigentlich der Killer ist. Es ist eine Frage, die nichtrichtig beantwortet wird und wir stehen hier, haben keine Ahnung, haben fastkein Geld, haben keine Veranstaltungen, und es wird immer noch nicht eineAntwort gegeben und irgendwann verlieren wir die Geduld und machen irgendwasBlödes. Ich hoffe nicht, dass es dazu kommt, aber Revolution ist ein Wort, dasman nicht gerne in den Mund nimmt.
JENS LEHRICH: Layzee, aber ichdanke dir für diesen Übergang. Der passt nämlich gut zu unserer nächsten These.Unsere dritte These lautet nämlich, die staatlichen Förderprogramme sichern dasÜberleben der Kulturszene. Das Geld. Du hast es gerade angesprochen.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich kann über Geldgar nicht reden, weil ich habe gar nichts gesehen. Ich weiß nicht, wo ichanfangen soll, weil ich bin ja Einzelkünstler, Produzent. Ich habe mein eigenesStudio. Ich habe ja keine sogenannten Betriebskosten in dem Sinne, außer wennich vielleicht sage, okay gut, in der Zeit mache ich ein neues Album, aber wasbringt mir das, weil die Maßnahmen verbieten mir sämtliche Künstler, die zu mirkommen für Aufnahmen. Ich muss diese Hygienevorschriften beachten und ohneUnterstützung kann ich gar nichts machen und irgendwann ist es- Ja. Gut. Ichhabe genug zur Seite geschafft, aber ich überlege mir, wie es andern geht.
JENS LEHRICH: Ich wollte geradesagen. Den Luxus haben ja nicht alle.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Richtig. Ja. Und esgibt auch Künstler, weil ich kann mich an meinen Anfang erinnern, wo eswirklich von der Hand in den Mund war. Und dann über fünf Monate. Das kann garnicht gehen. Das macht die ganze Kulturwelt kaputt.
JENS LEHRICH: Sebastian, dieCorona-Hilfen, haben die dir geholfen?
SEBASTIAN GLANZ: Nein! Nein! Auf garkeinen Fall. Also ich glaube, da muss man von vorne anfangen. Ich glaube, esgibt keine Branche, die 30 oder mindestens 30 Wochen ohne Einnahmen existierenkann. Wir haben wahnsinnig, also gerade Clubs haben wahnsinnig hohe Fixkosten,weil wir einfach in großen Gebäuden sind. Wir haben hohe Stromrechnungen,Gasrechnungen. Klar kann man die stunden, aber irgendwann möchte trotzdem jadas Geld haben und das kriegst du über einen langen Zeitraum nicht finanziertund die Förderprogramme sehen halt vor, dass Institutionen gefördert werden,die gemeinnützig sind. Kapitalgesellschaften so wie wir auch zum Beispiel einesind, wir haben einmal dieses Förderprogramm bekommen von, ich glaube, es waren3000 Euro im Monat, 9000 Euro insgesamt. So bei Fixkosten von 15.000 Euro imMonat. Man kann sich ausrechnen.
JENS LEHRICH: Es ist ein Tropfen aufden heißen Stein.
SEBASTIAN GLANZ: Genau. Wir habenmal so den Spaß uns erlaubt und haben gesagt, das ist eine künstlicheInsolvenzverschleppung. Wenn ich das sonst betreiben würde, dass jeden Monat dajemand kommt und ein bisschen Geld reinlegt, so dass der Club noch irgendwieüberleben kann, dann würde ich im Gefängnis sitzen und jetzt kommt der Staatund wirft mir, es ist ja nicht der Staat, sondern das Land, wirft mir da 9000Euro hin und sagt, bitte. Und das kann es nicht sein. Also das ist nicht mehrnachvollziehbar und das macht es auch für uns nicht einfacher.
JENS LEHRICH: Meine Oma hat immergesagt, über Geld spricht man nicht, aber Alexander, ich möchte trotzdem mitdir über Geld sprechen. Karl-May-Festspiele. Wie ist denn das bei euch gewesen?Also hat man euch da im Regen stehenlassen?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: TatsächlichKarl-May-Festspiele, und da bin ich der Chefin von den Karl-May-Festspielenauch super dankbar, auch dem Regisseur, der mit dran ist und immer wieder Ideeneingebracht hat und mit ihr zusammen auch getüftelt hat, aber dann gerade auchdie Chefin, die Claudia Hutz, der Karl-May-Festspiele, die sich für unswirklich reingehängt hat und mit ihrer Finanzberaterin alles mögliche geprüfthat und so und uns tatsächlich geschafft hat, uns auf Kurzarbeit zu setzen fürdie paar Monate, die wir angestellt wären, so dass wir zumindest 60 Prozent unsererGagen ausgezahlt bekommen. Und das ist aufgrund der Tatsache, dass dieSoforthilfen für Künstler und Soloselbständige absolut nicht greifen bei 80 bis90 Prozent meiner Freunde und Kollegen rundum Rheinland-Pfalz, Mainz und dieSchauspieler und Künstler, die ich kenne, nicht greifen, weil sie A keinebetrieblichen Kosten haben, weil sie keine Räumlichkeiten haben einfach undweil die nur Kosten übernehmen, aber keine Lebenserhaltung fördern, und zumanderen, weil wir keine Gewerbe haben. Also als Schauspieler muss man keinGewerbe anmelden und dementsprechend habe ich da auch keinen Zugriff auf diesesGeld, was dann da vom Staat freigeschafft wurde, wo ich mir sage, Freunde, dashabt ihr euch schön überlegt. Also und trotzdem muss ich irgendwie, müssen Kollegenvon mir, die müssen Miete zahlen, Essen zahlen, ihre Fahrzeuge und-
JENS LEHRICH: Aber wie machen diedas?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Gute Frage. Dasfunktioniert nicht. Man versucht, irgendwie- Also wie schon gesagt, ich jetztbei den Karl-May-Festspielen habe wirklich das Glück gehabt, dass sie mich aufKurzarbeit gekriegt hat und so und ich kriege einen Teil zumindest, womit ichüberleben kann, aber ich bin, sage ich mal, auch aus meiner persönlichen Lageauch in einer sehr guten Position, wo es mich noch nicht ganz so extrem trifft,wo ich andere Kollegen habe, die halt mit ihren Mieten und so, wo die permanentfragen, kann ich das noch mal stunden bitte oder so, wo ich mir teilweisedenke, Leute, es tut mir ja so leid und ich sage auch die ganze Zeit, hey, wennes irgendwas gibt und wenn ich dir von mir aus mal was zu essen kaufen kann,dann lass es mich wissen. Aber das ist- Man fühlt sich allein gelassen.
JENS LEHRICH: Nein. Was heißt,ich glaube es nicht? Wir hören es ja. Es entstehen große Abhängigkeiten. Alsodie Abhängigkeiten werden immer größer.
LAYZEE AKA MRPRESIDENT: Absolut.
SEBASTIAN GLANZ: Und vor allem, wirverschulden uns ja auch. Das darf man ja auch nicht vergessen. Und ich glaubeeinfach, das Ende ist ja noch gar nicht erreicht. Also selbst, wenn es jetztwieder losgehen würde, man kann noch gar nicht absehen, wie lange dauert das, bisman das, was man heute extra aufgenommen hat oder was man sich leihen musste,wie auch immer, wie soll man das zurückbezahlen, weil man weiß doch gar nicht,was in ein paar Monaten ist und das ist genau das Problem.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Richtig. Man gehtwieder in die Schulden. Ich weiß nicht. Also so was habe ich noch nie denkenkönnen, sagen wir so, weil ich habe noch nie, also ich bin ja 30 Jahre inDeutschland, ich habe noch nie irgendwas vom Staat angefordert oder gefragtoder gar nichts. Ich habe alles selber geschafft irgendwie in meinenMöglichkeiten, in meinen Grenzen. Und auf einmal kommt man auf einen Stand, woman denkt, ja, okay, gut. Ja. Habe einen Hund, habe einen kleinen Garten. Esist alles schön und dann auf einmal, bum, alles weggerissen. Und dann steht manda. Ja, was mache ich denn? Zurückgehen kann ich nicht. Ich bin ja zu alt.Aufgeben? Auch so eine Frage. Ja. Meine Frau und ich, wir haben gesagt, okay,gut. Wir halten durch. Wir gucken, wie lange wir klarkommen. Aber wenn das zweiJahre dauert, was machen wir dann? Ja.
JENS LEHRICH: Das ist das Krasse.Also diese Wahrnehmung habe ich auch. Am Ende trifft es irgendwie jeden, alsoden einen früher, den anderen später, aber im Moment sieht es so aus, alsmüssten wir uns alle tatsächlich Sorgen machen.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. ImKünstlerbereich, im Kulturbereich auf jeden Fall. Mittelstandbereich. Ichfinde, der Mittelstand wir regelrecht kaputtgemacht.
JENS LEHRICH: Und der Mittelstandist wichtig für eine gute Demokratie.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Natürlich, weil derMittelstand kann immer wieder schnell zurückkommen und wenn der Mittelstandweggerissen wird, dann heißt das, (?vergiss das mit Ökonomie.)
JENS LEHRICH: Hast du Existenzängste,Sebastian?
SEBASTIAN GLANZ: Ja. Na klar. Natürlich.
JENS LEHRICH: Wie wirkt sich dasaus für dich?
SEBASTIAN GLANZ: Naja, man steckteinfach auch in einem Loch. Man hat das, was man vorher gemacht hat, hat man jagerne gemacht. Also man ist freiwillig in den Club gegangen. Man hat freiwilliggeplant. Es hat Spaß gemacht. Man hat schöne Partys gefeiert. Man hat vieleLeute kennengelernt. Das ist ja einfach auch so Balsam für die Seele. Also ichsage ja immer, für mich ist es keine Arbeit. Für mich ist das einfach einHobby, ein Spaß. Das ist für mich einfach viel, viel mehr. Das ist, ich glaube,auch eine Lebenseinstellung so ein bisschen und-
JENS LEHRICH: Eine Berufung.
SEBASTIAN GLANZ: Eine Berufungvielleicht sogar. Genau. Und wir haben das alle super gerne gemacht. Jetzt aufeinmal ist es weg und es ist nicht nur das sondern du hast dann auch noch diefinanziellen Engpässe, wo du sagst, als Gesellschafter fällt man auch in diesesKurzarbeitthema nicht rein und du stehst halt dort und sagst, ja, was soll ichjetzt machen? Soll ich jetzt Hartz-IV anmelden? Also das ist doch nicht das,was ich- Also ich habe es nicht verursacht. Ich bin nicht- Man versagt nichtselbst. Das ist ja, glaube ich, der Unterschied. Wenn man selbst versagt, dannist das so, dass man sagt, okay, ich muss mich jetzt aufraffen. Ich muss mirwas, muss mir andere Arbeit suchen, muss was anderes machen. Alles okay. Aberdu stehst jetzt da und du sagst dir, ich habe keine Schuld daran und trotzdembin ich aber der Leidtragende, und das ist das, was es meiner Meinung nach fürKünstler, für Schauspieler, für alle eigentlich nicht sein darf.
JENS LEHRICH: Aber dann erkläremir doch noch mal deinen quasi Chef Olaf Scholz. Du bist ja in der SPD. Nichtdirekter Chef, aber zumindest, der hat am Anfang der Krise gesagt, es ist genugfür alle da. Also ihr werdet doch dann da in der kommunalen Politik, in denParteien auch, ihr müsstet doch auf die Barrikaden gehen.
SEBASTIAN GLANZ: Das tun wir auch,aber es ist- Ich glaube, es ist gerade bei uns in der Kulturwirtschaft, wennman es so bezeichnen kann, weil wir halt nicht gemeinnützig sind, ist immernoch so ein bisschen der Eindruck, wenn wir weg sind, dann macht es jemandanderes. Und ich glaube, das ist immer noch so ein bisschen der Gedanke, der invielen Köpfen drin ist. Der Fehlgedanke. Weil was viele Politiker vergessen,auch bei uns in Schwerin ist es so. Immobilien sind gefragter denn je. Ziehtein Club aus, kommt dort kein neuer Club rein. Also in Schwerin hat es ja aucheinen Club vor ein paar Monaten schon getroffen. Der hat wegen Corona schließenmüssen. Dort kommt kein Club mehr rein, weil dort wurden Eigentumswohnungengebaut drum herum. Das heißt, die Anwohner sind sowieso froh, dass der Clubdort weg ist. Es wird dort kein neuer Club reinkommen und das gleiche wird auchbei uns passieren. Wenn wir weg sind, wird dort definitiv kein neuer Club mehrsein. Und das ist, glaube ich, das, was die Politik nicht verstehen will odervielleicht auch versteht, aber ihr die Konsequenzen nicht bewusst sind, weildie Konsequenz ist ja eine ganz andere. Können die Leute nicht mehr in dieNachtclubs gehen, gehen sie auf die Spielplätze. Sie gehen in die Parks. Siegehen dorthin, wo die Leute Eigentumswohnungen haben und werden natürlich dortnachts trotzdem ihre Partys feiern. Und das ist ja das, was ja eigentlich keineStadt möchte, dass die Kids oder die Jugendlichen auf der Straße sind und dortLärm machen.
ALEXANDER BAAB: Oder schlimmer oderdie Jugendlichen finden ein anderes Ventil.
SEBASTIAN GLANZ: Oder so. Na klar.
ALEXANDER BAAB: Wie man es inanderen Städten mittlerweile auch mitkriegt. Ich höre das von Kollegen auchgerade im Frankfurter Raum zum Beispiel oder so, wo mittlerweile dieJugendlichen auch so frustriert sind, dass sie nicht was unternehmen können,dass die auf lauter blöde Gedanken auch kommen. Also wo es auch zu Vandalismusmittlerweile kommt und zu Gewaltausartungen.
JENS LEHRICH: Aber da ist jetztwieder die Frage. Layzee, wie siehst du das? Also nimmt die Politik das allesin Kauf und warum nimmt sie es in Kauf?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ob die das in Kaufnimmt.
JENS LEHRICH: Sieht sie eseinfach nicht? Ist sie zu weit von den Menschen entfernt?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Gut. Das ist einArgument. Ja. Man kann schon sagen, die sind zu alt. Die verstehen das nicht.Vielleicht haben die keine Kinder. Die sind zu abgeschottet. Die sind zu wegvom wirklichen Leben, um zu verstehen, was für Probleme wir tagtäglich haben,und das könnte ein Argument sein. Das nächste Argument könnte sein, ja, istdenen scheißegal. Wir machen das so.
JENS LEHRICH: Könnte es auchgewollt sein, die Spaltung zu verstärken, ohne eine Verschwörungstheorieaufzumachen.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja gut. Es gehtnicht, ohne eine Verschwörungstheorie aufzumachen, weil das ist wirklich weitweg von der Realität. Wenn man überlegt, was getrieben wird und mit was esgetrieben wird. Das ist ein Virus, der von, wie Donald Trump gerne sagt, China,und es wird mit diesem Virus Sachen gemacht, die eigentlich nicht gemachtwerden sollen und wir sind die Leidtragenden. Wir müssen das tagtäglich jedenTag irgendwie tragen mit Maßnahmen, mit Mundschutz, mit allem drum und dran.Aber wir machen das. Kein Problem. Ich mache das auch. Wir alle an diesem Tischmachen das auch. Aber wo kommt die Unterstützung? Wer sagt danke?
ALEXANDER BAAB: Wo sind dieVorschläge für die Lösungen? Wie gehen wir damit um? Wie soll sich das verändernnach und nach?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Genau. Richtig.Mehr wollen wir nicht. Wir wollen nur eine klare Antwort oder ein bisschen mehrUnterstützung oder vielleicht ein kleines Dankeschön.
JENS LEHRICH: Einfach ein Symbol,dass man sieht, dass quasi wir wirklich Solidarität leben. Eben nicht nur Solidaritätals Einbahnstraße von uns, dass wir alle mitmachen, sondern Solidarität ebendann auch von der Politik mit euch, mit uns.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Genau. Und du hastgesagt, diese Spaltung, aber diese Spaltung wird je länger das dauert, immergrößer, weil man spricht schon wieder von Verschwörungstheorie und blablablaund man merkt, wenn man irgendwas Falsches sagt, dass dem einen nicht passt,wird dann gleich gehetzt und gleich es gibt die, die so was glauben und die,die so was glauben, obwohl wir sind alle in einem Boot. Und das verstehe ichnicht. Gar nicht. Absolut nicht.
ALEXANDER BAAB: Nein. Ich wolltebloß gerade nur, weil ich das sehr richtig finde und sehr gut finde, was dusagst und auch, wo wir es gerade hatten. Die Angst so von wegen, wie sich dasentwickelt und wo letztendlich es hingeht. Ob das jetzt nur die Angst von denKulturschaffenden ist. Nein. Ich finde, das sollte eigentlich die Angst vonallen sein, dass die Kultur verschwindet, weil das ist letztendlich das, wasdie Menschen im Moment am Laufen hält, wir Kulturschaffende. Alle die, die vonzu Hause irgendwas machen, um die Menschen noch zu unterhalten, um sie geistigund mental fit zu halten, um sie noch zum Nachdenken zu animieren.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Genau. Und das wirdeinfach weggenommen.
JENS LEHRICH: Wobei ich möchte ander Stelle noch mal einen selbstkritischen Gedanken einbringen, weil ich finde,durch die Krise, und das zeigt sich auch in anderen Bereichen, entsteht nichtnur Schlechtes, sondern auch Gutes, und Dinge bereinigen sich und gerade in derkommerziellen Kultur ist es ja so, das ist meine Empfindung, es teilweise auchecht übertrieben wurde. Also ich sage mal, Ticketpreise für einHelene-Fischer-Konzert von 100 Euro und in anderen Bereichen je größer der Künstler,umso teurer. Liegt darin möglicherweise jetzt auch eine Chance, tatsächlich malwieder auf den Boden der Realität zu kommen?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich glaube stark.Ja. Weil man kann nicht null auf hundert. Man wird probieren, mal gucken, kriegenwir die Halle voll, kriegen wir die Halle nicht voll. Also unser Experte kanndas besser artikulieren als ich. Und es wird erstmal dieses Risiko und diesesRisiko heißt nicht, wir fangen da an, sondern niedrig und mal gucken. Das heißtdann, jeder, alle müssen mitmachen, weil wir sehen, die Wirtschaft ist amBoden. Das heißt, alle sind am Boden. Dann müssen wir dann gemeinsam das wiederauf einen anderen Level und ich ...#00:53:40#dieses Zwei- #00:53:48#gesellschaft. Ja. Dieser Künstler kriegt so viel, weiler hähä, und dieser Künstler kriegt so viel, weil er nur an der Ecke. Das wirdes nicht mehr geben. Es wird erstmal, meiner Meinung nach, erstmal muss sich daerstmal finden und dann können wir gucken.
ALEXANDER BAAB: Und zwar in allenSparten. Sowohl bei den super hoch angesiedelten als auch bei den kleinen, dassman auch mal sieht, was die eigentlich auch leisten und wie niedrig dieeigentlich sind, von was die leben mussten die letzten Jahre.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Und das heißt,wir kommen auf sein Thema. Respekt.
SEBASTIAN GLANZ: Respekt und Anerkennung.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Genau.
JENS LEHRICH: Sebastian, ichwürde von dir noch gerne zum Schluss dieser These als politischer Vertretersozusagen hören, hast du dir mal Gedanken gemacht, wie du es machen würdest?Also wie würdest du jetzt im Moment gerade das Geld verteilen?
SEBASTIAN GLANZ: Anders. Alsoerstmal, um auf den Punkt kurz noch mal zurückzukommen. Ich habe die Hoffnung,dass es so ist, wie ihr beiden sagt. Ich glaube aber nicht, dass es so seinwird. Ich glaube tatsächlich, dass es genau andersrum sein wird, weil es werdenjetzt viele Clubs sterben. Das heißt also auch Angebot, Nachfrage, da sind wirwieder beim Kapitalismus, verschiebt sich. Und das heißt, es gibt einfach dieKünstler, die großen Künstler, die überall spielen möchten, die werdennatürlich dann auch andere Preise aufrufen, weil einfach diese Exklusivitätviel mehr geben müssen auch und das, denke ich, das wird wieder das großeProblem sein, sondern ich glaube, auch viele Clubs, viele Festivals sehennatürlich da einfach auch diesen Gedanken, ich muss dieses Jahr aufholen. Ichmuss den Verlust aufholen. Was natürlich wirtschaftlich auch sinnvoll ist. Aberaus menschlicher Sicht und auch, wenn man da wirklich darüber nachdenkt, weißman einfach, das, was jetzt verloren ist, wirst du nie wieder aufholen. Und dakann ich wirklich nur jedem Festivalveranstalter, generell jedem Clubbesitzer,allen nur raten, auch wirklich sich damit abzufinden und halt dann auch einfachpositiv in diese neue Chance zu gucken und auch diese Herausforderunganzunehmen, weil ich glaube, dann können wir auch eine solide, eine guteVeranstaltungswirtschaft in Deutschland wieder auf die Beine stellen.
ALEXANDER BAAB: Sonst vernichtenwir uns noch selber.
SEBASTIAN GLANZ: Richtig. Genau.
JENS LEHRICH: Kommen wir zurvierten These des heutigen Abends. Eine zu deutliche politische Positionierungwirkt sich zunehmend karriereschädigend aus. Das haben wir ja heute immer malwieder angesprochen. Layzee, hast du eine Idee, an welchem Punkt es gekipptist, dass man quasi das Gefühl hat, man kann seine Meinung nicht mehr so freiäußern wie es vielleicht noch vor 20 Jahren der Fall war?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Also ich würde,glaube ich gehen, auf ein paar Monate, weil das Ding ist, jeder hat eineMeinung und diese Meinung wird stark vertreten. Also das Problem ist Internet,Facebook. Alle diese Medien. Und man ist anonym. Man kann schreiben und denken,was man will und wenn diese Meinung dem anderen nicht gefällt, dann schreibt erdann einen bösen Brief und auf einmal hast du dann 10.000 böse Kommentare, weilder damit angefangen hat. Das ist ein Ding. Man muss dann vielleicht überlegen,was man sagt oder vorsichtig ausdrücken oder gebildet ausdrücken. Weil wenn mansich gebildet ausdrückt, dann gibt es kein Argument. Das kenne ich auchpersönlich. Ich habe irgendwas gesagt, ich kann mich nicht erinnern, was daswar, aber da musste ich dann mit Fakten kommen. Ich habe genug Fakten gebracht,dass sogar die Leute gesagt haben, da hast du recht, da hast du recht, da hastdu recht. Und derjenige, der diesen Blödsinn gesagt hat, habe ich dann ein paarStunden später ...#00:58:03# bekommen.Man kann das nicht für jeden machen. Man muss dann irgendwie als Künstlersagen, weil wir leben von dem Geistigen. Wenn das Geistige kaputtgeht vonirgendeinem Blödsinn, dann steckt man zurück und dann sagt man ganz einfach,okay, gut, lieber schreibe ich nichts.
JENS LEHRICH: Aber das ist derPunkt. Also du hast das Gefühl, du musst dir halt schon auch genau überlegen,was du schreibst oder sagst.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich stehe imVordergrund. Ich bin eine Zielscheibe.
ALEXANDER BAAB: Also öffentlicherMensch.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: ÖffentlicherMensch. Ja. Und wenn ich da nicht sage, was die Leute hören wollen, dann binich dann gleich, was weiß ich, Idiot, Arschloch oder Verschwörungstheoretiker.Und da, wenn ich dann eine Meinung habe, dann muss ich meine Meinungausdrücklich vernünftig, klar und mit Fakten unterstützt bringen oder ich sagegar nichts. Und das ist jetzt im Moment, wie es ist.
ALEXANDER BAAB: Ja. Eben. Ich habeja ganz kurz auch mal so einen kurzen Lacher gehabt so zwischendrin, als dugesagt hast, derjenige, der dir auch dann so eine Mistnachricht geschriebenhat, dass er dir kurz danach eine Freundschaftsanfrage quasi schickt. Das istaber genau diese Anonymität. Das ist genau dieses, in einem normalen Gesprächwürde nicht sagen, ey, du bist ein Depp und kurz danach sagen, ey, wollen wirmal was trinken gehen. Dann würdest du mir einen Vogel zeigen. Aber es istgenau das. Der Umgang im Internet ist so anonym, dass die Leute gar nichtverstehen, was sie damit anderen Menschen entgegenschmettern, wenn sie einfachirgendwelche Kommentare loslassen, die nicht mal überlegt sind oder die nichtkonstruktiv sind. Wir alle haben ja nichts gegen konstruktive Kritik. Ichglaube, da sind wir uns alle vier einig.
JENS LEHRICH: Ja, das istüberhaupt das Wichtigste, konstruktiv eben miteinander zu sprechen über dieSache und nicht über den Menschen.
ALEXANDER BAAB: Genau das. Ja. Unddamit kann man dann auch was anfangen. Das kann man verarbeiten und entwederman kann sagen, ja, sehe ich auch so oder stimmt, du hast recht. Oder nee, aberso, wie ich es mache, finde ich es richtig. Da gehen die Meinungen haltauseinander, aber das ist eine Diskussion, ein Austausch, aber dieses, dass dieMenschen sich in den sozialen Netzwerken negativ, und zwar unter äußersterKanone teilweise über andere Menschen äußern und dass damit keine Konsequenzenverbunden sind. Wenn ich so was irgendwo öffentlich machen würde, da hätte ich jaAngst teilweise, dass ich eins auf die Nase kriege von dem. Und dieser Gedankeda einfach nicht dran ist, was man Menschen damit auch antut, dieses bewusstwerden, das müsste viel mehr da sein. Das müsste viel mehr von den Leuten malentgegengeschmettert auch werden, hey, wenn ich was sage, dann muss ich schonüberlegen, was ich sage und nicht einfach versuchen, einen Menschen in Grund undBoden zu schlagen.
JENS LEHRICH: Aber kommt dieserDruck tatsächlich eher über die Kommentare oder kommt er nicht in dem Fall dannauch über die Medien? Also eben das Karriereschädigende kommt ja eigentlichüber die Medien. Also es gibt ja Kollegen, ich sage mal jetzt, Xavier Naidooist so ein Beispiel.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Es ist beides.
JENS LEHRICH: Der war ja plötzlichvon der Bildfläche verschwunden.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Es ist beides.Die Presse schreibt irgendwas. Irgend jemand schnappt das auf und will damitsagen, er weiß es besser. Derjenige, der das zuerst geschrieben hat, also zumBeispiel Xavier Naidoo, ob das seine Meinung ist oder ob das Fakt ist, kann mannicht wissen. Man muss erstmal überlegen, gucken. Es gibt immer mehrere Seitenzu einer Geschichte. Und wenn die Presse oder die Medien einfach sagen, ey, derspinnt, dann oh, okay, Xavier Naidoo, der spinnt. Der sieht Geister oder ichweiß nicht. Keine Ahnung. Aber es ist meistens, es kommt nicht von demjenigen,der meinte, okay, er ist ein Idiot. Es muss von irgendwas kommen. Da muss eineandere Quelle sein. Ja. Von alleine.
JENS LEHRICH: Wie oft hast du dasauch erlebt, dass quasi über dich was in der Zeitung zu lesen war, aber mandich gar nicht gefragt hat?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Nein. Gar nicht.Xavier Naidoo zum Beispiel, der ist ein politisch engagierter Künstler, dersich politisch ausdrückt. Ich singe von Coco Jumbo. Hört sich blöd an, aber ichsinge vom Coco Jumbo, ...#01:02:38# undSpaß macht. Wenn ich irgendwas sage, die Hälfte der Leute, die meine Musik gutfinden, die lesen das gar nicht. Und daher bin ich da- Die Angriffsfläche istkleiner als bei Xavier, der sich politisch engagiert. Also von daher. Gut. Ichkriege die eine oder die anderen, aber ich weiß ganz genau, wie ich damitumgehe. Entweder ignoriere ich das. Mache ich dann weg. Oder ich schreibe soviel Fakten rein, dass derjenige, der das geschrieben hat, mal überlegen muss,was ist das denn für einer. Schreibt der das selber? Ist der das wirklich? Undist okay. Aber es ist irgendwie blöd. Weißt du, vor zwei Jahren wäre das keinDing, aber jetzt im Moment, wo wir eigentlich alle zusammen, ist es irgendwienicht richtig.
JENS LEHRICH: Macht dich das nachdenklich,Sebastian?
SEBASTIAN GLANZ: Ja. Ich findeeinfach, wenn man sich die sozialen Medien anguckt. Das wirkt einfach so, alswenn die Menschen den Respekt voreinander verloren haben, als wenn es nur nochdarum geht, Aggressionen rauszulassen, nur noch andere Menschen zu beleidigen,wenn sie anders denken, wenn sie andere Ideen haben, anders handeln, sie dafüröffentlich an den Pranger zu stellen, weil es halt auch einfach durch dieAnonymität so einfach ist. (ALEXANDERBAAB: Um Ratings.) Genau. Um Ratings, um Klicks. Genau. Richtig. Und manhat, glaube ich, einfach auch vergessen, sich in den anderen Menschenhineinzuversetzen, was man in einem persönlichen Gespräch hat. Wenn wir unsunterhalten, wir gucken uns an. Wir sehen, wie der andere reagiert, wie seineGestik ist. Das ist ja alles in den sozialen Netzwerken nicht mehr gegeben undda kann ich einfach irgendwas hinschreiben und es fällt ja auch leicht, so waszu schreiben, was ich persönlich, wie du schon gesagt hast, nicht sagen würde,und das ist eigentlich so schade, weil eigentlich soll das ja eine gute Erfindungsein, das Internet und die sozialen Medien. Die sollen uns ja auch weiterhelfenund weiter voranbringen, aber ich habe immer mehr das Gefühl, dass diesesozialen Medien eigentlich viel, viel mehr in der zwischenmenschlichen Beziehungkaputtmacht.
JENS LEHRICH: Aber liegt dasvielleicht auch grundsätzlich an der Angst, die die Menschen im Moment haben,weil Angst distanziert ja. Angst macht auch verzweifelt, wütend. Also ist dasmöglicherweise auch ein Grund?
SEBASTIAN GLANZ: Es ist eineMischung daraus, aber es ist natürlich eine Mischung auch einfach aus diesem,dass wir immer das Gefühl haben müssen, wir müssten unzufrieden sein. Also ichmeine, wenn man bedenkt, die Menschen sagen immer, sie sind unzufrieden, siesind unzufrieden, aber wenn man mal wirklich ganz ehrlich in sich hineinguckt,also jetzt vor der Corona-Krise muss man dazu sagen, uns ging es doch gut. Alsowir leben in einem sicheren Land. Wir haben eine Demokratie. Uns geht es gut.Also es gibt Länder-
ALEXANDER BAAB: Nahrungsmittelangebot.
SEBASTIAN GLANZ: Genau.
ALEXANDER BAAB: Nahrungsmittel. EinÜberangebot. Wir können überall hingehen. Wir können uns mit jedem Menschentreffen.
SEBASTIAN GLANZ: Richtig. Und dasist das, was mir so einfach fehlt, dass wir, wenn es irgendwann wieder normalist, wir wieder geöffnet haben alle, alle wieder Spaß haben, dass wir einfachviel mehr zu schätzen wissen, was wir eigentlich haben. Und darauf sollten wirauch stolz sein und das ist das, was ich halt momentan nicht sehe. Es gehteigentlich nur noch um Feindbilder. Da wird dann Xavier Naidoo genommen. Dawerden aber auch viele andere Leute genommen, die in der Öffentlichkeit einfachihre Meinung sagen, die vielleicht auch nicht dem Mainstream entspricht, undich finde aber, es ist doch völlig okay und es ist doch, ich bin doch groß, ichbin alt. Ich kann lesen. Ich habe doch die Möglichkeit, mich in diesem Bereichauch zu bilden und mir eine eigene Meinung zu bilden. Und entweder sage ich,Xavier Naidoo, gibt zwei Punkte, da gehe ich mit. Es gibt vier Punkte, da geheich nicht mit. Aber es muss respektvoll sein und das ist das, was mich ammeisten stört. Da wird ein großartiger Künstler, und das ist Xavier Naidoo ohneFrage, wird öffentlich an den Pranger gestellt und es wird seine Karrierezerstört, weil er vielleicht einfach eine andere Meinung hat. Und das, findeich, das geht nicht. Das darf nicht sein.
JENS LEHRICH: Alexander. Ja,Karriereschädigung. Hast du dir da jemals Gedanken drum gemacht in Bezugdarauf, was du so sagst in der Öffentlichkeit?
ALEXANDER BAAB: Politisch und so?Naja. Natürlich, man ist schon gerade, wenn man so in der Öffentlichkeit jaauch steht als öffentlicher Mensch, öffentliche Person, wie es ja dann auchimmer heißt, ist man natürlich schon am Überlegen, weil man hat auch natürlichirgendwo eine gewisse Vorbildfunktion. Natürlich, es hängt auch davon ab in derGrößenordnung, wie du gesehen wirst und so. Schauspieler, die natürlich imFernsehen öfter gesehen werden und so, die werden natürlich groß, landesweitgesehen und so, aber Schauspieler, die dann auf den Karl-May-Bühnen, ich weiß,bei Karl May ist es ja auch ein ganz großes Thema, wo wir dann auch immerwieder Reporter, gerade Fachreporter von den verschiedenen Zeitschriften auchbei uns haben, wo wir uns mit denen auch drüber unterhalten, dass es immer nochjedes Mal, man ist ein Vorbild. Man hat eine Vorbildfunktion und auch dasPublikum gerade die älteren Generationen, die Karl May halt natürlich mehrkennen, aber auch die bringen ihre Enkel mit und für die ist man dann auchVorbildfunktion. Ich weiß noch. Wir hatten eine politische Diskussion in BurgRieden einmal, wo wir ganz klar auch unterbunden haben, dass bestimmterassistische Ansichten, die da mal von vereinzelten Menschen rauskamen, dassdas von unserem Regisseur ganz klar nicht unterbunden wurde, sondern dass ersich hingestellt hat und gesagt hat, Leute, ich finde es in Ordnung. Wenn ihrmeint, ihr müsst diese Meinung vertreten, könnt ihr das machen, aber dannüberlegt euch doch bitte, bevor ihr dann, auch noch mal soziale Medien, etwaspostet zu diesem Thema, ob ihr das gleichermaßen posten wollt von einem Stück,Karl May, wo ihr mitspielt, wo es um Völkerverständigung geht und um KampfCowboys und Indianer und um Rassen teilweise ja Rassenhass und so, wo ich mirdenke, ja, er hat da absolut recht. Das Nachdenken, dass die Menschen nichtmehr nachdenken darüber, was sie dann alles schreiben und posten gerade auch inden sozialen Medien, und ich finde, um auf deine Frage zurückzukommen, ja, manüberlegt sich schon natürlich, was man sagt oder wie man es sagt. Aber ich höremir super gerne auch Meinungen von anderen Kollegen an oder so, weil mich dasauch weiterbringt, weil mich auch eine andere Ansicht dann wieder zumNachdenken animiert und ich mich hinterfrage. Ja, stimmt das für mich noch odernee. Vielleicht ist da doch was Wahres dran.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Das ist derUnterschied zwischen einem Intellektuellen und einem, der gelernt hat. EinIntellektueller ist jemand, der sich weiterbildet. Er ist bereit, seineAnsichten, was er gelernt hat, zu (?fusionieren) mit dem, was er gerade gelernthat und weiter Fragen zu stellen.
ALEXANDER BAAB: Genau. Zureflektieren und zu überdenken auch.
JENS LEHRICH: Ich frage micheinfach die ganze Zeit und darüber haben wir auch schon mal zu Beginn derSendung gesprochen, woher kommt grundsätzlich aber die Angst, sich jetzt bei soeinem großen Thema vor die Kamera zu stellen und eine Meinung zu äußern, diedem Mainstream vielleicht in diesem Fall nicht gefällt? Also es gibt ja Leutewie Sky DuMont zum Beispiel. Der Schauspieler. Der hat jetzt ein Interview auchmit Professor Bhakdi gemacht. Also es gibt ja so vereinzelt Schauspieler,Sänger, die das tun, aber es ist sehr, sehr ruhig in dieser Szene und also ichnehme das fast als so eine Angststarre wahr.
ALEXANDER BAAB: Ist es stellenweiseauch. Das glaube ich schon. Ich glaube, dass sich viele gerade, ich sage mal,je jünger oder je, wie soll ich sagen, je eher sie jetzt gerade frisch aus derAkademie kommen oder so oder gerade gelernt haben oder frisch jetzt ins Lebenstarten, egal jetzt, ob es der Künstler ist oder ob es jetzt der Normalmenschist mit einem Job oder Ausbildung oder in ein Studium geht. Also gehen wirjetzt nur mal vom Künstler aus. Derjenige, der von der Schauspielakademiekommt, was möchte der. Der möchte auf die Bühne. Der möchte erstmal spielen.Der möchte Erfahrungen sammeln. Der möchte auch gesehen werden. Natürlich.Sonst würde man diesen Beruf nicht ergreifen. Aber und natürlich ist da die Angstgroß, womit verbaue ich mir das. Ja. Und je mehr man eigentlich lernt, das zuwertschätzen erstens, was man selber schon weiß, was man gelernt hat, was manschon auf die Bühne gebracht hat gegebenenfalls oder was ich von meinerpersönlichen Meinung her vertreten kann, auf die Bühne zu stellen, desto mehr,finde ich, bin ich jetzt auch zum Beispiel aus meiner Position, dass ich sagenkann, ja, wenn jemand eine andere Ansicht hat, bitte gerne. Lass uns auch gernedrüber diskutieren also und überzeugt mich gerne vom Gegenteil.
JENS LEHRICH: Spielt davielleicht auch eine Rolle, dass man sich diese andere Ansicht leisten könnenmuss? Also sprich, jetzt sind wir da wieder beim Geld. Also ich glaube, SkyDumont hat in dem Zusammenhang gesagt, ich bin alt. Ich habe genügend Geld. Ichhabe ausgesorgt. Mir ist das irgendwie völlig egal.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Stellenwert. Wenner einen höheren Stellenwert und er sich das leisten kann. Ja. Gut. KeinProblem. Also ich gehe davon aus, dass Xavier das tragen kann. Das ist gar keinProblem. Er ist einer der Großen, wird immer der Größte sein, weil es geht jaum seinen Geist und nicht, was er sagt. Und eventuell werden die Leute schonmerken, vielleicht hat er recht, vielleicht hat er nicht recht und ist er imUnrecht, aber weil er so ein einfacher, genialer Künstler ist, irgendwannkönnen die ihm verzeihen. Wenn ein Mister President so was sagt, weiß ichnicht, ob das erstens ankommt, ob ich mir das leisten möchte. Gut. Habe ichschon gemacht. Es geht mir nicht darum, etwas außerordentlich Gravierendesgegen den Strom zu sagen und so. Ich kann schon, wenn man so was, dieseMittleren nehmen, die meinen, was zu verlieren, kann ich auch verstehen, warumdie das nicht mitmachen. Das ist eine große Angst. Die haben schon lange nichtmehr gearbeitet, die wahrscheinlich große Pläne für die Zukunft haben undnatürlich wollen die sich das nicht verbauen. Und daher kann ich verstehen,warum dieser Andrang auf diesen Tisch da ist, weil ich glaube, wir hätten vielmehr Leute haben können, die keine Angst haben, irgendwas zu äußern.
JENS LEHRICH: Aber ich glaube,das ist auch ein Prozess. Also das wird sich entwickeln. Ich glaube, daspassiert dadurch, indem wir das machen und das wird sich dann auch irgendwannändern.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich glaube, die-
JENS LEHRICH: Es müssen immereinige anfangen, mutig zu sein, und der Effekt ist davon, wenn einer mutig ist,dann werden auch andere mutig.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Das istmeistens der Fall, aber je mehr Informationen, die rauskommen, je mehr Leutedas begreifen und verstehen und ah, okay, gut, das und das und das. Das ist derGrund. Alles klar. Gut. Dann vielleicht einen Monat oder wie auch immer. MehrInformationen sind dann raus und die Leute wissen, ah, alles klar. Gut. Warumhabe ich denn Angst gehabt? Vielleicht dann. Jetzt im Moment ist es einbisschen zu heiß.
JENS LEHRICH: Unsere Sendungheißt ja Kultur, Gesellschaft und Demokratie und in diesem Zusammenhang auch zudieser These und ich habe es auch eingangs schon mal gefragt, also wiedemokratisch sind wir denn dann noch im Moment? Sebastian.
SEBASTIAN GLANZ: Also das ist genauder Punkt. Meinungsfreiheit ist eines unserer wichtigsten, höchsten Güter, diewir hier in Deutschland haben und dementsprechend sollte es auch jedem möglichsein, respektvoll seine Meinung kundzutun, und wenn ich eine andere Meinunghabe als der gegenüber, dann ist das völlig in Ordnung und darüber sollten wirnicht diskutieren, aber ich kann die Angst verstehen. Natürlich ist esschwierig, wenn ich mich gegen meinen Bürgermeister ausspreche, wenn ich michgegen gewisse Politiker ausspreche, weil ich einfach anderer Meinung bin. Undwenn man dann natürlich noch in der Öffentlichkeit steht, wo man natürlich auchangeschaut wird, wo man angeguckt wird, wo die Leute mit dir ins Gesprächkommen, dann hast du natürlich einfach auch ein gewisses Standing und dass dasnicht überall gern gesehen wird und dass jeder dann Juhu schreit, oh, dermöchte diskutieren, oh, der hat eine andere Meinung, ist natürlichnachvollziehbar. Aber wie gesagt, es ist unser höchstes Gut und das sollten wirauch nutzen, aber es muss halt auch, wenn wir eine Meinung vertreten, müssenwir natürlich auch argumentieren können. Und das ist das, was ganz oft nichtgetan wird. Es wird einfach eine Meinung öffentlich gemacht. Es wird einfachdazu Stellung bezogen, aber es wird nicht in die Tiefe gegangen und dieseOberflächlichkeit, das ist ja das, was uns diese Probleme bereitet, dass dieseDiskussionen, die dann auch beleidigend werden, stattfinden.
JENS LEHRICH: Es wird ein Frameaufgemacht. Also die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat gerade von Covidiotengesprochen.
SEBASTIAN GLANZ: Also ja, ich binSPD-Mitglied, aber das heißt nicht automatisch, dass ich alles gut finde, wasin der SPD passiert und das ist ja auch eins dieser Probleme. Ich kann nicht,wenn am Wochenende so eine Veranstaltung stattfindet, kann ich sie alsCovidioten bezeichnen. Bei Black lives matter stelle ich mich hin und sage,super. Also und das ist genau das, was mich an der Politik ja immer stört. Ichhabe immer das Gefühl, es ist wie so eine Schlange. Man guckt, welche Politikerwill noch Karriere machen. Das erkennst du an seinen Äußerungen, wo er sichäußert und wo er sich zurückhält, und du hast halt ganz oft das Gefühl, dasseinfach auch Themen, die schwierig sind, werden totgeschwiegen, und Themen, woman einfach drauf losschlagen kann, wird es auch getan. Und das ist genaudieser große Fehler, den die Politik macht und das ist auch der Grund, warum inden letzten Jahren sich immer mehr von diesen großen Parteien auch abwenden,weil man einfach das Gefühl hat, es geht nur noch um Posten. Es geht umKarrieren. Es geht nicht mehr darum, Werte zu vermitteln. Es geht auch nichtmehr darum, wirklich das Volk zu vertreten und das ist ja auch der Grund, warumich damals in die SPD eingestiegen bin, weil ich eigentlich genau das nochmachen wollte. Für mich war es wichtig, dass Politiker die Bürger vertreten undsich auch die Probleme und die Sorgen der Bürger auch annehmen und man insGespräch geht und diese Basis, von der sie immer alle sprechen. Ich habe dasGefühl, ganz ehrlich, dass ganz viele Politiker meilenweit davon entfernt sindund gar nicht wissen, was eigentlich an der Basis überhaupt los ist.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Weil dasProblem ist, wir haben keine reine Demokratie. Wir haben eine Demokratieentweder Sozialismus, wahrscheinlich wird in die Richtung gehen, oder einDemokratiekapitalismus und das ist gefährlich, weil die beiden passen nicht,weil wenn das wirklich so diese Demokratie Kapitalismus, die eigentlich nichtzusammenpassen, denn die die unten sind, bleiben unten und werden niehochkommen. Wenn man redet von einer Demokratie Sozialismus, würde keiner vonuns die Chance haben hochzukommen, weil es wird dann alles von oben regiert.Wir müssen vorsichtig sein und versuchen, dann diese reine Demokratie wieder zugewinnen.
JENS LEHRICH: Das heißt, es istwichtig, dass jeder Einzelne von uns sich einbringt.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja natürlich. Undman darf nicht- Wenn eine Demokratie. Das heißt, wir müssen uns eigentlich allebei den Händen greifen und sagen, okay, komm, wir machen das durch. Wir gehendurch. Wir machen das. Ganz einfach. Wenn die Leute meinen, okay, Kapitalismus,Demokratie, Sozialismus, ja gut. Bye, bye. Oder Kapitalismus ist auch diegleiche Richtung. Wir brauchen die reine Demokratie wieder zurück.
JENS LEHRICH: Ich glaube, das istguter Punkt, um über die fünfte These zu sprechen und die heißt, wer aus seinergewohnten Bahn geworfen wird, meint manchmal, dass alles verloren ist, doch inWirklichkeit fängt nur etwas Neues an. Ein möglicher Neuanfang, ist das fürdich eine Option? Also ist das was, wo du dich schon mit beschäftigst odersagst du, nein, es wird sich wieder alles beruhigen und es geht so weiter wievorher?
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Nein. Ich bin immerfür was Neues. Also gut. Als Künstler kennt mich, die Leute kennen mich. AlsoCoco Jumbo und alle die gleichen Songs aus den 90ern, aber ich bin ja jemand,der immer mich in Bewegung. Ich bringe immer was Neues. Und jetzt ist die Zeit,wo ich sagen kann, okay, gut, dann mache ich dann, erfinde ich mich neu.Versuche ich, mich ein bisschen neu zu verstehen oder ich fange ein neuesProjekt an. wo ich sagen kann, okay, gut, das haben wir schon gemacht. Lasst unsmal was Neues anfangen. Dieses Mal, das muss dann wirklich von hier drin Geistund alles drum und dran rauskommen und versuche ich, also nicht mir, aber einProjekt, wo ich da nicht gerade zu sehr verbunden bin.
JENS LEHRICH: Sebastian. Plan B.Wie sieht der aus bei dir? Hast du dir darüber schon Gedanken gemacht?
SEBASTIAN GLANZ: Nein. Derzeitnicht. Aber das habe ich auch eingangs schon mal gesagt. Das ist ja das Problemderzeit. Uns wird nicht gesagt, ob und wann wir wieder öffnen dürfen und dasmacht es natürlich auch für uns so schwierig zu sagen, okay, wir schmiedeneinen Plan B und deshalb gibt es für mich derzeit noch keinen. Ich weiß, dassich mir in nächster Zeit darüber Gedanken machen muss und auch Gedanken machenwerde, aber wie gesagt, wir haben es gerne gemacht, was wir tun. Also dadurchist es natürlich noch umso schwieriger loszulassen. Ihr steht gerne auf derBühne. Wir wollen nichts anderes. Wir wollen das, was wir vorher gemacht haben,möchten wir auch danach wieder machen und wir möchten keinen Plan B, keinenPlan C oder einen Plan D. Wir möchten Plan A und da möchten wir einfach nurVerständnis für. Da möchten wir einfach Unterstützung für und wir möchteneinfach, dass man mit uns ins Gespräch geht und ich glaube, mehr brauchen wirnicht.
JENS LEHRICH: Alexander. Dass auseiner Krise was Großes entstehen kann, das ist ja nicht neu. Hast du dirGedanken gemacht, dich schon neu zu erfinden?
ALEXANDER BAAB: Nicht neu zuerfinden, sondern zu gucken, was aus dem Ganzen entstehen kann mit allenErfahrungen, die man jetzt wieder dazubekommen hat, dazugekriegt hat. AlleErfahrungen, wo ich festgestellt habe, das habe ich vorher leider fürselbstverständlich genommen oder so, wie der Kontakt zu guten Freunden, wie dasSpielen auf der Bühne, vor Publikum zu sein und zu spielen. Dem Publikum wasmitgeben zu können oder das Publikum auf eine Art und Weise zu erreichen.
JENS LEHRICH: So im Rampenlichtzu stehen.
ALEXANDER BAAB: Auch im Rampenlichtzu stellenweise zu stehen. Natürlich. Man sagt immer so schön, schöne Floskelaus dem künstlerischen Bereich. Der Applaus des Publikums ist das Brot desKünstlers. Gebe ich natürlich bedingt recht. Normales Brot braucht der Künstleraber auch so und mit Geld und so. Nein. Aber ich finde es einfach faszinierend,was da auch draus entstehen kann. Wenn man aber auch offen, und das aber auchfür alle, die davon betroffen sind, egal jetzt ob Künstler oder Veranstalter,Manager, Techniker. (JENS LEHRICH:Es sind ja unglaublich viele.) Absolut. Also alle sowohl im künstlerischen alsauch im normalen Lebensbereich schaffende Menschen. Wenn du offen dafür bistund sensibel damit umgehst mit den Sachen, die du erfährst jetzt über dieseKrise, was dir bewusst wird wieder, dann können daraus großartige Sachenentstehen.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Man kann allesmachen.
ALEXANDER BAAB: Man kann allesmachen. Du kannst alles erreichen, wenn du es möchtest.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Wenn du esmöchtest. Es ist alles hier und alles hier.
JENS LEHRICH: Genau. Das ist einwichtiger Punkt, Layzee, dass quasi dieser, also jetzt ist auch die Zeit fürden Blick nach innen. Du bist ja auch ein sehr spiritueller Mensch.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Also ganz sospirituell nicht, aber ich bin ja schon ein spiritueller Mensch und ich merke,in letzter Zeit bin ich sehr, sehr viel in mich gegangen. Ich habe meineSpirituelle noch mehr entdeckt und ich habe gemerkt, ich habe ja eigentlichkeine Grenze und warum soll ich mich denn- Weil das Leben, was ich vorher gelebthabe, war nur noch Stress von einem Termin zum andern. Hier das muss ichmachen. Ich habe auch zwei Kinder zu Hause, Hund und Frau, Familie, was weißich. Und das muss auch bewältigt werden und ich hatte eigentlich gar keine Zeitfür mich. Jetzt in der Krise habe ich gemerkt, jetzt habe ich die Zeit. Ichwill was anderes probieren und da habe ich diese Zeit genommen, bin in michgegangen. So meditieren und so habe ich noch nie gemacht. Habe ich das ersteMal versucht zu meditieren und wirklich dann diese spirituelle Connection mitanderen Menschen zu suchen und habe ich auch gefunden und da habe ich gedacht,wow. Ich habe immer das ...#01:25:37# isnot my limit. Es geht viel weiter.
JENS LEHRICH: Das heißt, dasLimit ist eigentlich nur im Außen. Im Innen gibt es kein Limit.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Innen gibt es keinLimit. Da ist kein Limit. Du sollst dich eigentlich nicht limitieren. Und dahabe ich gedacht, oh, weißt du was. Ich schreibe ein Hip-Hop-Album. Gut. Ichbin mit Hip-Hop gewachsen, aber ich habe noch nie Hip-Hop produziert und in,was weiß ich, zwei Wochen habe ich 20 Songs. Habe ich dann meinen Jungs undMädels in Amerika geschickt. Was hältst du davon? ...#01:26:12# auf einmal so. Ja. Und es gibtkeine Grenzen. Die einzige Grenze, die man hat, ist die, die man selber macht.
JENS LEHRICH: Die man sich selbersetzt.
ALEXANDER BAAB: Der Mensch ist, waser denkt. Und vergiss nicht, DJ.
SEBASTIAN GLANZ: Also da ist ja auchwas, was die Krise tatsächlich zeigt, dass Kulturschaffende trotzdembranchenübergreifend auf einmal viel dichter zusammengerückt sind. NeueProjekte werden ins Leben gerufen, neue Ideen entstehen einfach und das istwirklich das, was ich sagen muss, was ich mir einfach nur erhoffen kann, dassdas auch nach der Krise beibehalten wird, dass auf einmal Menschen anfangen,wieder miteinander zu reden aus unterschiedlichen Branchen anfangen,miteinander zu arbeiten und so neue Ideen entwickeln können und neue Projekteins Leben gerufen werden, die einfach Spaß machen und die vielleicht auchunseren Zuhörern, unseren Zuschauern in den Clubs, bei den Konzerten, auf derBühne einfach auch das vielleicht auch gut finden, was dort Neues entstandenist und das ist vielleicht auch eine dieser Chancen, die das wirklich mit sichbringen kann.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ich glaube schon,weil ich habe vorher bei dem letzten Gespräch das Wort Revolution genommen undich habe gesagt, wollte ich gerne nicht in den Mund nehmen, aber doch. Nehmeich doch in den Mund und sage, es wird eine spirituelle Revolution stattfinden,wo die Leute gezwungenermaßen miteinander kommunizieren auf einem ganz anderenWeg und weil wir sitzen an diesem Tisch. Wir kennen uns gar nicht.
JENS LEHRICH: Auch dieses Projektist übrigens so eine Chance der Zukunft, die sich ergeben hat aus der Krise.Also auch Fairtalk, ich muss da jetzt mal ein bisschen Eigenwerbung machen, istnatürlich auch nur deswegen möglich geworden.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja. Und wir kennenuns gar nicht, aber irgendwie, weil ich schwöre- Weil ich habe gedacht, kenneich dich denn? Nee. Okay. Wir beide, wir haben uns fast getroffen.
JENS LEHRICH: Ich habe dich oftim Radio gehört.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Ja, aber ich finde,es ist, wenn ich sage, eine spirituelle Revolution. Wir haben jetzt Zeit, unsaufzumachen und jeder Einzelne und gucken, was ist und neu kennenzulernen.
ALEXANDER BAAB: Und ich finde, esist eigentlich auch, wenn man es so betrachtet, auch eine künstlerischereRevolution, weil wie schon gesagt, dieses Connecting untereinanderbranchenübergreifend in jedem künstlerischen Bereich auf einmal, welche Leutedu kennenlernst auf einmal, wo du vorher gedacht hast, habe ich noch niegesehen oder noch nie gehört oder so. Das ist ein Wahnsinn, wie viele neueLeute auf einmal ins Leben treten trotz, dass man nicht vor die Tür konnte undso, aber trotz allem. Man trifft neue Leute im künstlerischen Bereich, wo mansich miteinander verbunden fühlt, wo man im selben Bereich arbeitet und wo mangemeinsam aber den Spirit quasi findet, gemeinsam an etwas zu arbeiten, was mangemeinsam schaffen kann, schaffen möchte und was wir uns für die Zukunftwünschen.
JENS LEHRICH: Und es entstehenauch unglaubliche Netzwerke gerade mit Menschen, mit denen man auf einerWellenlänge ist. Also das ist mein Gefühl. Man trifft Menschen, die man zumersten Mal trifft und trotzdem stimmt gleich die Chemie.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: ...#01:30:09# Wellenlänge ist eine Frequenzund vor der Krise haben wir auf der falschen Frequenz gearbeitet. Jetzt, wodiese Frequenz ein bisschen gedämpfter ist, spüren wir einander, weil wirmüssen nicht gegen diese Frequenz kämpfen und man öffnet sich. Natürlich esgibt auch Leute, die auf einer anderen Frequenz sind, aber irgendwann malkommen die dann wieder runter und wie gesagt, ich finde, das ist eine ganz neueZeit und diese neue Zeit müssen wir mit beiden Händen greifen und willkommenund schaffen wir dann diese große neue Welt.
JENS LEHRICH: Layzee, ich finde,das ist ein schönes Schlusswort. Ich möchte mich wirklich ganz herzlich beidieser Runde bedanken. Bei Alexander Baab. Alexander, danke für deine Teilnahmehier. Bei Sebastian Glanz. Herzlichen Dank, Sebastian. Und last but not least, beiLayzee AK Mr President und einen Präsidenten muss man ja eigentlich siezen.Also ich danke Ihnen für Ihr Kommen heute.
LAYZEE AKA MR PRESIDENT: Danke.
JENS LEHRICH: Und euch danke ichfürs Zuschauen und ihr wisst, dieses Projekt, wie gesagt, braucht eureUnterstützung, auch eure finanzielle Unterstützung. Wir haben hier keine großenSponsoren, sondern wir haben das hier alles aus freien Stücke auf die Beinegestellt und von daher freuen wir uns über die Unterstützung durch euch. Wirfreuen uns auch über eure konstruktiven Kommentare zu dieser Sendung. Dankeschön an die Runde. Bis zum nächsten Mal und gute Nacht.
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